Am 4. September fand das diesjährige Stadtteilfest in Mümmelmannsberg statt. Drei Peers aus unserem Peer-Projekt haben vor Publikum Redebeiträge präsentiert. Hierin beschreiben sie u.a. ihre persönlichen Erfahrungen als junge Frauen mit Kopftuch und setzten ein deutliches Zeichen für Vielfalt und Toleranz in der Gesellschaft.

Im Folgenden ihre Beiträge im Wortlaut zum Nachlesen:

Amira:
Wir leben in einem Land, wo Diversität befürwortet wird, aber wenn es um das Tragen des Kopftuches geht bzw. das Ausleben des Islams und Bekennen zu dieser Religionsgemeinschaft, wird man ausgeschlossen und eingeschränkt.

Auch ich habe lange überlegt. Sehr lange sogar. Ob ich diesen Schritt gehen soll oder nicht. Ich hatte viele Jahre den Wunsch gehabt, anzufangen das Kopftuch zu tragen, aber durch die vielen Diskriminierungserfahrungen, die ich durch Freunde und Familie erfahren hatte, war ich verunsichert und verängstigt, diese Entscheidung zu treffen. Ich hatte Angst davor, nicht von der Gesellschaft akzeptiert zu werden, nur weil ich meine Haare mit einem Stück Stoff bedecke.

Es gab eine Zeit, in der mein Wunsch immer größer und größer wurde. Die Verunsicherung und Zweifel waren aber immer noch da. Ich bin froh, dass ich zu dieser Zeit eine sehr gute Freundin hatte, die mich motiviert hat und mich bestärkt hat, diese Entscheidung zu treffen. Durch sie habe ich mich dazu entschlossen, auf mein Herz zu hören. Es war meine eigene Entscheidung, mein freier Wille, diesen Schritt zu gehen. Und ich bin ihr bis heute sehr dankbar für ihre Unterstützung.

Die Gesellschaft sieht es als religiöses Symbol, aber für mich und viele andere ist es mehr als das. Ich wollte meine Religion nicht verstecken und ich stehe zu dieser Religion und bin glücklich, dieser Religionsgemeinschaft anzugehören. Es repräsentiert nicht nur meinen Glauben, sondern dadurch fühle ich mich Gott auch irgendwie näher. Ich bin glücklich darüber, diese Entscheidung getroffen und bis jetzt noch keine negativen Erfahrungen gesammelt zu haben. Aber ich weiß, dass es vielen Mädchen leider nicht so ergeht. Sie haben tagtäglich damit zu kämpfen, sich immer rechtfertigen zu müssen. Ich spreche aus Erfahrung, dass der Weg bis zur Entscheidung, die man getroffen hat, das Kopftuch zu tragen, einem viel leichter fällt, wenn man weiß, dass man eine Gemeinschaft bzw. Personen und vor allem Freunde hinter sich hat, die einen unterstützen und akzeptieren.

Und so etwas sollte auch die Gesellschaft akzeptieren!

Melek:
Hallo, Selam Aleykum,

mein Name ist Melek, ich bin 17 Jahre alt und besuche zurzeit die 11. Klasse. Ich bin Mitglied beim Fachrat Islamische Studien.

Heute möchte ich mit Ihnen und euch einen kleinen Teil meiner persönlichen Erfahrungen mit meinem Kopftuch teilen.  Aus eigenem Willen habe ich mit 12 Jahren angefangen, ein Kopftuch zu tragen. Ich hatte ein Jahr zuvor schon über diese Entscheidung nachgedacht. Zu der Zeit habe ich mich viel mit meiner Religion beschäftigt. Nach langem Überlegen entschied ich mich dann endgültig dafür. Die Reaktion meiner Familie und Freunde war positiv. Durch das Tragen des Kopftuches habe ich mich meiner Religion noch verbundener gefühlt, das Kopftuch wurde ein Teil meiner Identität.

Während die Reaktionen meiner Familie sowie Freunde positiv und bestärkend waren, ging das Tragen des Kopftuches aber auch mit Diskriminierungserfahrungen (sowohl in der Gesellschaft als auch in der Schule) einher. Ich habe Fragen gestellt bekommen wie: „Wirst du gezwungen ein Kopftuch zu tragen? Wirst du Zuhause unterdrückt?“ Ebenso musste ich leider einige Vorfälle erleben, wie z.B., dass mir mal in einem Laden vorgeworfen wurde, dass ich stehle und ich aufgefordert wurde, meine Tasche auszuleeren (damals war ich noch 13 Jahre alt). Des Öfteren wurden mir Sprüche wie “Geht in euer Land!” an den Kopf geworfen.

Neben diesen negativen Erfahrungen gibt es aber auch positive, die ich mit Ihnen und euch teilen möchte:

Ich freue mich darüber, wenn Menschen, die einer anderen Religion angehören oder gar nicht religiös sind, sich für meine Religion interessieren und wir in einen interreligiösen Austausch treten.

Beeindruckt bin ich davon, wenn Menschen, die sich zunächst antimuslimisch und rassistisch äußern, sich und ihr Verhalten reflektieren und sich im Nachhinein dafür entschuldigen können und sich vielleicht sogar gegen unterschiedliche Diskriminierungsformen einsetzen.

Ich bin in meiner Religion tief verwurzelt und gleichzeitig lebe ich in Hamburg als Deutsche. Für mich ist dies kein Widerspruch. Das eine schließt das andere nicht aus. Mein Glaube ist ein positiver Antrieb, mich in dieser Gesellschaft einzubringen und diese positiver zu gestalten. Ich möchte dazu beitragen, Hass, Diskriminierung und Ausgrenzung entgegenzuwirken und ich möchte für einen gesellschaftlichen Frieden und Zusammenhalt einstehen. Solche Veranstaltungen wie heute sind ein positiver und wichtiger Beitrag für unsere Gesellschaft.

Außerdem gab es einen Slam-Beitrag von Yasmin, die dieses Jahr auch den Preacherslam gewonnen hat. Ihr Slam kann hier gelesen werden:

Yasmin – Poem for Mümmelfest