Am 13. September 2020 fand der 3. Bundeskongress der Räte der Religionen statt. Aufgrund der aktuellen Gegebenheiten wurde der Kongress online veranstaltet. Der Fachrat Islamische Studien nahm zum dritten Mal teil. Aus dem intensiven Austausch entstand folgende Pressemitteilung, die am 23. September veröffentlicht wurde:
Religionen bündeln Kräfte gegen den Hass
Religionsräte aus 32 Städten wollen Sprecher*innen benennen und thematische Kooperationen verstärken
Zu einem großen Bundeskongress kommen Vertreter*innen aus den Religionsräten vieler bundesdeutscher Städte seit 2018 jährlich an wechselnden Orten zusammen.
2020 lud der Initiativkreis der Stadt Essen ein. 69 Personen aus 32 Städten waren dabei, wegen der Corona-Pandemie traf man sich digital. „Inzwischen hat sich der Bundeskongress etabliert“, sagt der römisch-katholische Pater Lutz Müller vom veranstaltenden Initiativkreis Religionen in Essen (IRE), einer der Moderatoren der Video-Konferenz. „Und es sind nicht nur Räte der Religionen beteiligt, sondern vergleichbare Einrichtungen wie unser Initiativkreis, Runde Tische und Foren der Religionen.“
Neben kollegialer Beratung in Kleingruppen und dem Austausch im Plenum steht jedes Jahr ein Fachvortrag im Mittelpunkt des Kongresses. In diesem Jahr sprach der Politikwissenschaftler und Psychologe Prof. Dr. Thomas Kliche, Universität Magdeburg, zum Thema „Woher kommt der Hass?”. Kliche ermutigte die Teilnehmer*innen, ihre Arbeit in den kommunalen interreligiösen Gremien geduldig und entschlossen fortzusetzen. „Demokratie und Verständigung leben von der Zivilgesellschaft. Und die muss man weitsichtig pflegen wie einen Garten: düngen, gießen, mit Artenvielfalt bereichern, geduldig lieben“, so Kliche. Dafür brauche man „Kümmerer“.
„Hass entsteht durch Kontrollverlust und die Angst vor dem Fremden“, kommentierte anschließend der evangelische Pfarrer Willi Overbeck vom Initiativkreis Religionen in Essen (IRE). „Was dagegen hilft? Brücken zu bauen! Bei Gesprächen, gemeinsamen Projekten, Festen, Erlebnissen und Visionen.“ „Dann hört die Sprachlosigkeit auf, und das hat eine stabilisierende Wirkung auf die Gesellschaft“, ergänzte Muhammet Balaban, muslimisches Mitglied im IRE. „Solche Brücken müssen eine gute Basis haben, deshalb arbeiten wir ‚bottom up‘. Räte der Religionen führen den Dialog in ihrer Kommune, wo die Menschen jeden Tag miteinander leben und arbeiten, und dies teilweise schon seit 20 Jahren“, unterstrich die Geschäftsführerin des Frankfurter Rates der Religionen, Sarah Wohl.
Einige Räte der Religionen wollen künftig städteübergreifende Arbeitsgemeinschaften gründen – zum Beispiel, um die Zusammenarbeit mit Schulen zu stärken. „Religion und Verschiedenheit spielt auf jedem Schulhof eine Rolle“, betonte Hamideh Mohagheghi, eine der Sprecherinnen des Rates der Religionen Hannover. „Daher hören die Jugendlichen mit außergewöhnlich großem Interesse zu, wenn wir in Schulen gehen.“
Sichtbarkeit und Kontakt zur Bundesebene verbessern
Was die Räte der Religionen und vergleichbare Einrichtungen in ihren Städten leisten, wird zunehmend auch auf Landes- und Bundesebene sichtbar und anerkannt. „Wir nehmen ein steigendes Interesse der Bundespolitik am Bundeskongress der Räte der Religionen wahr“, sagte Wolfgang Reinbold, der Vorsitzende des Hauses der Religionen in Hannover. „Es ist daher an der Zeit, dass wir uns eine klare Struktur geben. Der diesjährige Kongress hat dazu wichtige Impulse gegeben.“ Als erster Schritt sei die Bestimmung von Sprecher*innen angeregt worden, die den Bundeskongress nach außen vertreten und jederzeit für Interessierte ansprechbar sind.
Der nächste Bundeskongress der Räte der Religionen soll am 12. und 13. September 2021 in Essen stattfinden.
Weitere Informationen zum Bundeskongress der Räte der Religionen:
www.bundeskongress-religionen.de
Über den Bundeskongress Räte der Religionen
In vielen Kommunen und Landkreisen wurden in den letzten Jahren Räte der Religionen und vergleichbare Strukturen gebildet (z. B. Runde Tische der Religionen, Foren der Religionen). Ihnen gemeinsam ist das Interesse, die Religionsgemeinschaften zu vernetzen. Sie fördern den Dialog mit der Kommune und der Gesellschaft, organisieren Veranstaltungen der interreligiösen Bildung und Begegnung, vermitteln bei Konflikten, nehmen Stellung zu gesellschaftspolitischen Themen und anderes mehr. Die Organisationsformen der Gremien unterscheiden sich von Ort zu Ort. Sie hängen zusammen mit Faktoren wie der Entstehungsgeschichte des Gremiums, der lokalen religiösen Landschaft und dem Engagement der beteiligten Akteur*innen. So sind gelegentlich auch humanistische Verbände beteiligt, meist aber jedenfalls christliche, muslimische, jüdische, buddhistische und hinduistische Gemeinden vertreten, und je nach den Gegebenheiten vor Ort auch Bahá‘í, Sikhs, Eziden und andere kleinere Religionen.
Der Bundeskongress der Räte der Religionen wurde 2017 von den Räten in Hannover und Frankfurt am Main initiiert. Der erste Bundeskongress fand 2018 in Frankfurt statt, der zweite 2019 in Hannover. 2019 verabschiedeten die Teilnehmer*innen eine gemeinsame Erklärung, die das Verhältnis der Räte der Religionen zur Gesellschaft grundsätzlich bestimmt und ein deutliches Bekenntnis zu den Werten des Grundgesetzes formuliert (https://www.bundeskongress-religionen.de/de/wer-wir-sind/grundsatzerklaerung). Aktuell vernetzt der Bundeskongress der Räte der Religionen Einrichtungen aus über 40 Kommunen und Landkreisen.